Im Rahmen unserer neuen Serie „KOKO Wiki“ werden wir nun regelmäßig gemeinsam mit Expertinnen und Experten Themen erörtern, die bei der Erziehung der Kinder eine wichtige Rolle spielen. Den Anfang macht dieses Mal das Thema „Sexualerziehung“.
„Mama, wie kommt das Baby aus dem Bauch heraus?“ oder „Warum hat Papa einen Penis und Mama eine Scheide?“ sind mögliche Fragen, mit denen Kinder ihre Eltern in den ersten Jahren höchstwahrscheinlich konfrontieren werden. Sie entdecken ihre Identität und damit auch die Unterschiedlichkeit der Geschlechter. Sie sind neugierig auf ihren Körper und den der anderen. Die oft unerwarteten Fragen der Kinder bringen Eltern häufig in Verlegenheit. „Wie kann ich die Fragen der Kinder richtig beantworten?“ und vor allem „Wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit Kindern über Sexualität zu sprechen?“ Mag.a Gabriele Rothuber, diplomierte Sexualpädagogin betont, dass Sexualerziehung auch schon für Kleinkinder bedeutsam ist. Sie ist ein wesentlicher Teil einer gesunden kindlichen Entwicklung und sollte nicht außer Acht gelassen werden.
Wann beginnt Sexualerziehung?
Sexualerziehung beginnt bereits im Umgang mit dem Baby. Bei der Babypflege benennen Eltern liebevoll die Körperteile, die gerade gesäubert werden. Bei dieser Gelegenheit sollen die Geschlechtsteile ebenso benannt werden. Kennt das Kind die Begriffe „Penis“ und „Scheide“, kann es über diese Körperteile genauso reden wie über Arme, Füße, den Kopf usw. Kennt das Kind die Begriffe für die Geschlechtsteile, wird es später dazulernen, dass diese zum persönlichen Intimbereich gehören, der nicht von Fremd
en oder anderen Personen missbraucht werden darf.
Aufklärung? Ja, aber wie?
Während ältere Generationen kaum oder viel zu spät von Eltern, LehrerInnen oder durch Medien aufgeklärt wurden, kann bzw. soll Aufklärung heute schrittweise in Abhängigkeit vom kindlichen Entwicklungsstand passieren. Kinder fragen nach, wenn sie etwas aktuell beschäftigt. Wenn der Bereich der Sexualität nicht mehr tabuisiert wird, werden Fragen zur Sexualität mit derselben Selbstverständlichkeit gestellt wie Fragen zu Dinosauriern, dem Wetter oder dem Regenwurm. Fällt es Erwachsenen schwer, Worte, Sätze und Erklärungen zu finden, können Bilderbücher und Sachbücher eine große Hilfe darstellen.
Erwartet die Nachbarin ein Baby, wird das Kind Interesse am Thema „Zeugung, Schwangerschaft, Geburt“ entwickeln und unbekümmert Fragen dazu stellen. Merkt es, dass die Eltern so gut als möglich klar und einfach die Fragen beantworten, wird es die Sexualität als positiven und normalen Bereich erleben, weitere Fragen stellen oder sich wieder anderen Themen zuwenden. Je nach Altersgruppe interessiert die Kinder eher wie das Baby aus dem Bauch der Mutter herauskommt, später wie es hineingekommen ist.
Da auch verstärkt Medien die Kinder mit Sexualität, nackten Körperteilen und sexuellen Handlungen usw. konfrontieren, ist es Aufgabe der Bezugspersonen, mit den Kindern darüber zu reden, was sie sehen und hören bzw. aufzuklären, was sie nicht einordnen können.
Fragen müssen nicht immer sofort beantwortet werden, sondern gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt – z.B. „Ich möchte Dir das nicht hier im Bus erklären, wir reden heute Abend darüber“. Dabei ist wesentlich, dass die Antworten dann auch wirklich folgen.Wichtig ist laut der Expertin Mag.a Gabriele Rothuber, „Sprechen über Sexualität bedeutet dabei nicht, über die eigene Sexualität mit dem Kind zu sprechen“. Auch Eltern signalisieren dem Kind, dass sie eine Privatsphäre haben, die sie nicht mit dem Kind teilen möchten.
Warum ist Aufklärung so wichtig?
Grundlage der Sexualerziehung ist stets das Lernen wie man miteinander umgeht. Kinder, die gut aufgeklärt sind und erfahren haben, dass sie über Sexualität reden dürfen, sind besser vor Missbrauch und übergriffigem Verhalten geschützt. Sie wissen, dass sexuelle Handlungen unter Erwachsenen in einer Beziehung gut und angenehm sein können und sie wissen, dass Erwachsene nicht mit einem Kind sexuell aktiv sein dürfen, dass dies verboten und in keinem Fall normal ist. Das Kind soll durch Sexualerziehung unterstützt werden „Nein zu sagen“, wenn es etwas nicht möchte. So kann es gut auf sich selber achten und sich auch gegebenenfalls wehren. Es soll überdies erfahren, dass es einzigartig ist und Selbstsicherheit entwickeln.