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KOKO Wiki: Wenn die Eltern sich trennen

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Laut Statistik Österreich dauert eine durchschnittliche Ehe 10,1 Jahre. 40 Prozent der österreichischen Ehen werden geschieden. Jährlich sind annähernd 18.500 Kinder in Österreich von einer elterlichen Scheidung betroffen. Die meisten Familienmitglieder erleben die Phase der Trennung und Scheidung als Ausnahmesituation. Viele Eltern schaffen es jedoch, nach der Trennung zu kooperieren, angemessen und kindgerecht auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen, sodass sich anfänglich auftretende Reaktionen nicht zu längerfristigen Verhaltensauffälligkeiten manifestieren. Für Kinder bedeutet eine Trennung oder Scheidung, dass sie Übergänge von einer Familienform in eine andere bewältigen müssen, die mit weitgehenden Veränderungen in ihrem Leben verbunden sind. Dabei können – meist kurzfristige – unterschiedliche Reaktionen und Auffälligkeiten auftauchen. Demgegenüber können andauernde elterliche Konflikte und Gewalt in der Familie in der Zeit vor der Trennung psychische Störungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern erzeugen, die sich später bei nicht adäquatem Umgang verfestigen können.

Wie reagieren Kinder?

Kindliche Reaktionen variieren nach Alter und Geschlecht: Kleinkinder sind kognitiv noch nicht in der Lage, die Bedeutung einer Trennung einzuschätzen: Sie reagieren oft ängstlich und anhänglich, weil sie befürchten, dass der verbleibende Elternteil sie ebenfalls verlassen könnte. Schlafstörungen oder Rückschritte in der Entwicklung (z. B. Einnässen) werden vermehrt beobachtet. Kinder im Kindergartenalter reagieren häufig aggressiv, oft suchen sie die Gründe bei sich selbst und glauben, schuld an der Trennung zu sein. Volksschulkinder können teilweise verstehen, was passiert. Sie sind in der Lage, die Veränderungen zu erfassen und Gefühle wie Traurigkeit und den Wunsch nach Rückkehr des ausgezogenen Elternteils auszudrücken. Reaktionen wie Ruhelosigkeit, Nervosität, Konzentrationsstörungen, Albträume sowie psychosomatische Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen treten in dieser Zeit neben Loyalitätskonflikten und Leistungsabfall in der Schule häufig auf. Ältere Schulkinder bis ca. 12 Jahre sind vermehrt in der Lage, die Konflikte in der Familie zu erkennen und zu lernen, damit umzugehen. Oft versuchen sie, in ihrer Sorge um die Eltern Verantwortung zu übernehmen, die für ihr Alter unangemessen ist. Jugendliche verfügen über ausreichend kognitive Fertigkeiten und können sich ein realistisches Bild von der Trennung und den damit verbundenen Folgen machen. Sie akzeptieren zwar die neue Situation eher als jüngere Kinder, reagieren aber dennoch häufig mit Zorn, Enttäuschung, Schmerz und Vorwürfen an die Eltern auf die Trennung/Scheidung.  In vielen Fällen verfügen Jugendliche über umfangreichere Konfliktlösungsstrategien und Hilfsangebote. Das verlorene Sicherheitsnetz der Familie kann dazu führen, dass Jugendliche Schwierigkeiten haben, sich von ihrer Familie zu lösen und Trost in Alkohol- und Drogenkonsum suchen.

Wie können Eltern ihre Kinder unterstützen?

Für einen möglichst günstigen Verlauf einer Trennung/Scheidung sollten Kinder zum nun getrennten Elternteil eine intensive Beziehung aufrechterhalten dürfen. Konstante Bezugspersonen und familienstützende Beziehungen (z. B. Verwandte, LehrerInnen), Einhaltung von Kontinuität und Routine im Alltag sowie klar definierte Regeln helfen Kindern und Jugendlichen, mit der neuen Situation zurechtzukommen. Bedürfnisbefriedigung der Kinder nach Zuneigung, Geborgenheit und Aufmerksamkeit sowie Raum und Zeit für die Bewältigung unterstützen zusätzlich. Eltern sollten dem Kind/den Kindern vermitteln, dass sie selbst verantwortlich für die Trennung/Scheidung sind und beide Elternteile auch weiterhin verfügbar bleiben. Altersgerechte klare Informationen und konkrete Antworten auf Fragen der Kinder können helfen, dass Kinder eine realistische Vorstellung von der Trennung und den daraus resultierenden Folgen bekommen. Die meisten Kinder haben die Trennung der Eltern nach zwei bis drei Jahren überwunden.

Für viele betroffene Kinder und Eltern enthält die neue Lebenssituation auch eine positive Seite: Sie bietet die Chance auf neue Erfahrungen, Freiräume, Selbständigkeit und die Möglichkeit, nicht mehr in einer konfliktgeladenen Atmosphäre leben zu müssen.

Eltern fühlen sich in dieser schwierigen Zeit oft überfordert. Die Inanspruchnahme von Beratungs- und Hilfsangeboten kann helfen, offene Fragen zu klären und zu helfen, die neuen Herausforderungen und Veränderungen besser zu bewältigen.

Autorin: Mag.a Julia Deutsch-Erlach, KOKO Familienberatung